Ruhrgebiet, deine Halden: Rheinelbe Gelsenkirchen

Bochum-Langendreer – BO-Zentrum – Wattenscheid – Halde Rheinelbe – Wattenscheid – BO-Zentrum – BO-Langendreer (44 km, Ø 27 km/h, als GPX herunterladen)

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Nur im Ruhrgebiet: Aussichtsplattform an der Autobahn

Meine heutige Tour soll mich auf eine Halde führen. Davon gibts schließlich einige hier im Ruhrgebiet, aber welche soll es werden? Auf Hoheward ists immer schön, aber dafür reicht die Zeit heute nicht; auch das Tetraeder auf der Halde Beckstraße in Bottrop, das schon sehr lange auf meiner Liste steht, ist deutlich zu weit entfernt.

Internet, to the rescue! Ich lande bei Julius Brockmanns informationsreichen Halden-Top-Ten auf ruhrwohl.de und finde dort auf Anhieb mein heutiges Tagesziel: Die Halde Rheinelbe in Gelsenkirchen! Die steht fast noch in Wattenscheid; streng genommen muss ich also nur einmal ans andere Ende der Stadt radeln. (Sorry, Wattenscheider.)

Das Ganze wird also ein sportlich-urbanes Asphalt-Brett! Irgendwelche touristischen Ambitionen (mal abgesehen vom zu erwartenden Ausblick von der Halde) schminke ich mir direkt ab und werfe mich gewohnt präsent und gewitzt ins Bochumer Gewühl. Wer weiß, worauf er sich einlässt, kann dabei echt Spaß haben; für zartere Naturen ist das aber definitiv nix.

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Radschnellweg 1 in Wattenscheid: Bestimmt nur noch weitere dreizehn Jahre, bis der endlich mal durch die ganze Stadt führt …

Ratzfatz erreiche ich über die Wittener Straße die Innenstadt, wo ich auf dem durchgangsverkehrfreien Boulevard innerhalb des Rings erst einmal durchatmen kann. Doch schon bin ich wieder auf der Alleestraße, wo der Wahnsinn ungebremst weitergeht, und biege in die Wattenscheider Straße ein. Die überquert am Autobahndreieck Bochum-West die A 40, ein zutiefst hässlicher und lauter Ort – und doch schlummert hier eine Perle, wie sie wohl nur im Ruhrgebiet zu finden ist: Das Autobahndreieck hat seine eigene Aussichtsplattform! Die hat nichtmal wenig Geld gekostet und steht auch schon ein paar Jahre hier, darf mangels jeglicher Ausschilderung oder Erreichbarkeit aber immer noch als Geheimtipp gelten. Und dann dieser vollkommen unverbaute, unverfälschte Blick auf die Autobahn – auch noch DIE Autobahn, die A 40, die innige Hassliebe des gesamten Potts!
Ja, das ist das Ruhrgebiet, das mir über die Jahre so ans Herz gewachsen ist: Klar is’ scheiße hier, aber das darf gern jeder sehen!

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Vorfahrt für Fahrräder: Schon geil!

Ich durchquere Wattenscheid und finde an der Parkstraße tatsächlich die Zufahrt zum Radschnellweg 1. Der soll mal das komplette Ruhrgebiet von West nach Ost durchqueren und so quasi als “A 40 für Radler” den Pott verbinden; die Planungen dafür laufen seit 2010. Allerdings hat es die Realisierung dieses an sich großartigen Plans nicht ganz so eilig: Bis auf ein paar fertiggestellte Teilstücke existieren vor allem eine Menge Hochglanz-Prospekte mit schicken Konzeptgrafiken. Und so bleibt der RS 1 in seiner Funktion als alles verbindender Radschnellweg vermutlich noch sehr lange ein Mythos aus ferner Zeit, den man sich abends an den Lagerfeuern der Anrainerstädte geheimnisvoll zuraunt. Inzwischen schon generationenübergreifend!
Aber ich will mal nicht nur motzen: Es ist schon ein Genuss, auf dieser Fahrradautobahn zu radeln. Keine Bettel-Ampeln, keine Verschwenkungen, keine Drängelgitter: Mit so einer Infrastruktur bekommt man die Leute aufs Rad! Wie schnell, entspannt und ungefährdet käme ich von Langendreer in die Innenstadt, wenn es dort den RS 1 schon gäbe! Dann könnten die Autos die Wittener Straße gern wieder für sich haben, Fahrradfahren ist dort ja strukturell überhaupt nicht vorgesehen.

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Wo die Beschilderung am RS 1 schon steht, ist sie sehr ordentlich.

Schließlich entdecke ich vom Radschnellweg aus auch die Halde Rheinelbe, das Ziel meiner Reise. Den Weg dorthin finde ich mehr schlecht als recht, hier fehlts schlicht noch an Beschilderung. Aber dann wetze ich den Kiesweg hinauf (nur so mäßig schön mit dem Rennrad) und genieße oben den Ausblick. Die Halde ragt mit etwa 40 Metern nicht wahnsinnig hoch auf, aber das reicht allemal, um ihre Besucher über die Landschaft zu heben und ihnen damit einen hervorragenden Rundumblick zu verschaffen. Ich sehe die Bochumer Innenstadt, aber im Nordosten auch die Halde Hoheward in Herten; in der anderen Richtung blitzt das helle Dach der Schalke-Arena. Ganz schön was zu entdecken von hier oben!

Nach diversen Fotos und einem interessanten Schwatz mit anderen Besuchern trete ich dann aber doch den Rückweg an. So langsam muss ich wieder heim, und ich nehme mir vor, innerhalb einer Stunde zurück in Langendreer zu sein. Das scheint mir ein ambitioniertes Ziel, und so mache ich dann auch keine halben Sachen. Mit Schmackes wühle ich mich durch den innenstädtischen Verkehr, oft flotter als die Autos. Um dann exakt 50 Minuten später zuhause anzukommen: Na, das nennt man wohl Planübererfüllung!

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