Herdecke, ganz unspektakulär

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Der Harkortsee von der Kaiserstraße aus gesehen

Bochum-Langendreer – Witten – Herdecke – Wetter – Witten – BO-Langendreer (30 km, Ø 28 km/h)

Nur eine kleine Herdecke-Runde ohne besondere Vorkommnisse: Einmal über die Ardeystraße auf den Schnee hinauf, auf der anderen Seite hinab nach Herdecke, und von dort entlang der Ruhr über Wetter und Witten wieder zurück.
Diesmal keine Rekorde, keine berichtenswerten Begegnungen – einfach nur eine sehr normale und angenehme Trainingsrunde auf dem Renner.

Heut beweis ich: Kann auch Dreißig!

Bochum-Langendreer – Witten-Herbede – Kemnader See – BO-Langendreer (21 km, Ø 30,8 km/h)

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Kemnader See

Huiuiui, das ist ja in eine regelrechte Hatz ausgeartet! Geplant hatte ich eine durchaus flotte Runde um den Kemnader See, aber dass der Schnitt dann so deutlich über die Dreißig geht, hat mich doch ein wenig überrascht.
Ich nehme es schmunzelnd hin – und freue mich, dass ich dieses heimliche Jahresziel endlich mal wieder erreicht habe: Schließlich ist das letzte Mal schon lange (bei strikter Messung sehr lange) her.

Ruhrgebiet, deine Halden: Rheinelbe Gelsenkirchen

Bochum-Langendreer – BO-Zentrum – Wattenscheid – Halde Rheinelbe – Wattenscheid – BO-Zentrum – BO-Langendreer (44 km, Ø 27 km/h, als GPX herunterladen)

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Nur im Ruhrgebiet: Aussichtsplattform an der Autobahn

Meine heutige Tour soll mich auf eine Halde führen. Davon gibts schließlich einige hier im Ruhrgebiet, aber welche soll es werden? Auf Hoheward ists immer schön, aber dafür reicht die Zeit heute nicht; auch das Tetraeder auf der Halde Beckstraße in Bottrop, das schon sehr lange auf meiner Liste steht, ist deutlich zu weit entfernt.

Internet, to the rescue! Ich lande bei Julius Brockmanns informationsreichen Halden-Top-Ten auf ruhrwohl.de und finde dort auf Anhieb mein heutiges Tagesziel: Die Halde Rheinelbe in Gelsenkirchen! Die steht fast noch in Wattenscheid; streng genommen muss ich also nur einmal ans andere Ende der Stadt radeln. (Sorry, Wattenscheider.)

Das Ganze wird also ein sportlich-urbanes Asphalt-Brett! Irgendwelche touristischen Ambitionen (mal abgesehen vom zu erwartenden Ausblick von der Halde) schminke ich mir direkt ab und werfe mich gewohnt präsent und gewitzt ins Bochumer Gewühl. Wer weiß, worauf er sich einlässt, kann dabei echt Spaß haben; für zartere Naturen ist das aber definitiv nix.

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Radschnellweg 1 in Wattenscheid: Bestimmt nur noch weitere dreizehn Jahre, bis der endlich mal durch die ganze Stadt führt …

Ratzfatz erreiche ich über die Wittener Straße die Innenstadt, wo ich auf dem durchgangsverkehrfreien Boulevard innerhalb des Rings erst einmal durchatmen kann. Doch schon bin ich wieder auf der Alleestraße, wo der Wahnsinn ungebremst weitergeht, und biege in die Wattenscheider Straße ein. Die überquert am Autobahndreieck Bochum-West die A 40, ein zutiefst hässlicher und lauter Ort – und doch schlummert hier eine Perle, wie sie wohl nur im Ruhrgebiet zu finden ist: Das Autobahndreieck hat seine eigene Aussichtsplattform! Die hat nichtmal wenig Geld gekostet und steht auch schon ein paar Jahre hier, darf mangels jeglicher Ausschilderung oder Erreichbarkeit aber immer noch als Geheimtipp gelten. Und dann dieser vollkommen unverbaute, unverfälschte Blick auf die Autobahn – auch noch DIE Autobahn, die A 40, die innige Hassliebe des gesamten Potts!
Ja, das ist das Ruhrgebiet, das mir über die Jahre so ans Herz gewachsen ist: Klar is’ scheiße hier, aber das darf gern jeder sehen!

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Vorfahrt für Fahrräder: Schon geil!

Ich durchquere Wattenscheid und finde an der Parkstraße tatsächlich die Zufahrt zum Radschnellweg 1. Der soll mal das komplette Ruhrgebiet von West nach Ost durchqueren und so quasi als “A 40 für Radler” den Pott verbinden; die Planungen dafür laufen seit 2010. Allerdings hat es die Realisierung dieses an sich großartigen Plans nicht ganz so eilig: Bis auf ein paar fertiggestellte Teilstücke existieren vor allem eine Menge Hochglanz-Prospekte mit schicken Konzeptgrafiken. Und so bleibt der RS 1 in seiner Funktion als alles verbindender Radschnellweg vermutlich noch sehr lange ein Mythos aus ferner Zeit, den man sich abends an den Lagerfeuern der Anrainerstädte geheimnisvoll zuraunt. Inzwischen schon generationenübergreifend!
Aber ich will mal nicht nur motzen: Es ist schon ein Genuss, auf dieser Fahrradautobahn zu radeln. Keine Bettel-Ampeln, keine Verschwenkungen, keine Drängelgitter: Mit so einer Infrastruktur bekommt man die Leute aufs Rad! Wie schnell, entspannt und ungefährdet käme ich von Langendreer in die Innenstadt, wenn es dort den RS 1 schon gäbe! Dann könnten die Autos die Wittener Straße gern wieder für sich haben, Fahrradfahren ist dort ja strukturell überhaupt nicht vorgesehen.

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Wo die Beschilderung am RS 1 schon steht, ist sie sehr ordentlich.

Schließlich entdecke ich vom Radschnellweg aus auch die Halde Rheinelbe, das Ziel meiner Reise. Den Weg dorthin finde ich mehr schlecht als recht, hier fehlts schlicht noch an Beschilderung. Aber dann wetze ich den Kiesweg hinauf (nur so mäßig schön mit dem Rennrad) und genieße oben den Ausblick. Die Halde ragt mit etwa 40 Metern nicht wahnsinnig hoch auf, aber das reicht allemal, um ihre Besucher über die Landschaft zu heben und ihnen damit einen hervorragenden Rundumblick zu verschaffen. Ich sehe die Bochumer Innenstadt, aber im Nordosten auch die Halde Hoheward in Herten; in der anderen Richtung blitzt das helle Dach der Schalke-Arena. Ganz schön was zu entdecken von hier oben!

Nach diversen Fotos und einem interessanten Schwatz mit anderen Besuchern trete ich dann aber doch den Rückweg an. So langsam muss ich wieder heim, und ich nehme mir vor, innerhalb einer Stunde zurück in Langendreer zu sein. Das scheint mir ein ambitioniertes Ziel, und so mache ich dann auch keine halben Sachen. Mit Schmackes wühle ich mich durch den innenstädtischen Verkehr, oft flotter als die Autos. Um dann exakt 50 Minuten später zuhause anzukommen: Na, das nennt man wohl Planübererfüllung!

Sprockhövel plus-plus: Auf in die Elfringhauser Schweiz!

Bochum-Langendreer – Witten-Herbede – Hattingen – Velbert-Nierenhof – Felderbach-Tal – Schraberg – Haßlinghausen – Wetter – Endertal – Herdecke-Ende – Witten – BO-Langendreer (69 km, 960 Hm, Ø 25,7 km/h, als GPX herunterladen)

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Fellershof im Felderbach-Tal. Idyllisch hier!

Naaa, Bock auf ein Landstraßenbrett? Derart keck lockt der Tag mit leicht bewölktem Himmel und perfekten 25 Grad, dass ich gar nicht anders kann, als ein paar Flaschen mit Wasser zu befüllen (Pro-Tipp: Ein Fingerbreit Holundersirup mit rein!) und den Renner zu satteln. Dem unverschämt holden Wetter zu Ehren beschließe ich, ein klein wenig mehr als nur die Haus- und Hofrunde abzureißen. Aber Lust auf die Hügel um Sprockhövel habe ich schon… wie wäre es denn mit einer Sprockhövel-Variante deluxe? Bei OpenStreetMap checke ich fix die grobe Streckenlänge: 20 Kilometer über Hattingen bis Velbert-Nierenhof, von dort 13 bis Schraberg, dann 16 bis Wetter und nochmal 10 bis heim. Macht übern Daumen etwa 60 Kilometer, das kann sich doch schon sehen lassen! Und wenn ich zum Ende hin noch Körner übrig habe, kann ich ja für Extra-Kilo- und Höhenmeter ja auch noch einen kleinen Umweg über den Schnee einbauen.

Hinunter zur Ruhr nach Herbede und weiter nach Hattingen kenne ich mich bestens aus und komme flott voran. Dabei gehe ich bereits zu Beginn der Tour fast schon verschwenderisch mit meinen Kräften um, das werde ich hintenraus noch ein wenig bereuen. Aber Spaß machts, und ziemlich fix bin ich dann auch schon auf unbekannten Pfaden in Richtung Velbert-Nierenhof unterwegs. Schön, dass man von der Nierenhofer Straße auch noch einmal auf die Hattinger Ruhrschleife hinabschauen kann!
In Nierenhof biege ich dann links auf die Fellerstraße ab. Die ist das heimliche Ziel meiner Fahrt: Auf der Karte ist das eine kurvige kleine Landstraße, die sich das Tal des Felderbachs hinaufschlängelt. Ich habe parallel deutlich größere Straßen ausmachen können (unter anderem das Wodantal, das mir vor Jahren schon großen Spaß bereitete), mit viel Verkehr rechne ich also nicht: Scheint ein lohnendes Ziel zu sein!

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Die besten Zeiten des Auerhofs sind offenbar vorbei.

Und genau dieser leise herbeigesehnte Landstraßen-Genuss erwartet mich dann tatsächlich: Da die Straße im unteren Teil für den Durchgangsverkehr gesperrt ist, habe ich sie zunächst sogar komplett für mich allein, aber auch weiter oben ist nur sehr wenig Verkehr. Dass sie stetig nach oben führt, liegt in der Natur der Sache und überrascht mich natürlich nicht. Ganz im Gegenteil, ich genieße den Sport und habe diebische Freude an der Tatsache, dass ich die Anstiege samt und sonders erklimme, ohne aus dem Sattel gehen zu müssen. Und so mischt sich der körperlicher Ehrgeiz mit den Eindrücken der bezaubernden Mittelgebirgslandschaft der Elfringhauser Schweiz und zahlreichen tierischen Begegnungen – es ist einfach ein Genuss. Dieser großartige Abschnitt qualifiziert die ganze Tour aus dem Stand für die Kategorie “Besonders schön”.

In Schraberg wirds dann wieder wuselig. Zur Rechten breiten sich Wuppertal, Schwelm und Gevelsberg im Tal aus, als ich parallel zur A 46 oben auf dem Kamm in Richtung Haßlinghausen fahre. Hier sind nun wieder verdammt viele Autos unterwegs, von lieblichem Mittelgebirge ist nix mehr zu sehen. Also nur noch Sport!
In Haßlinghausen, auf dem Weg nach Silschede, befinde ich mich dann auch wieder auf bekanntem Terrain: Hier biegt meine Standard-Sprockhövel-Runde über Hiddinghausen ein, der ich nun bis hinab nach Wetter folge. Wie immer hart an der Bremse auf der Abfahrt von Grundschöttel: Ich habe wirklich keine Lust, hier die Betonmauer zu küssen!

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Blick zurück kurz vor Schraberg: Tschüss, Elfringhauser Schweiz!

Als ich dann in Wetter die Ruhr überquere, habe ich 50 Kilometer und etliche Höhenmeter in den Beinen. Und doch kann ichs einfach nicht lassen, und biege in die Endertalstraße ein, um über Herdecke-Ende den Schnee zu erklimmen. Aber hier bereue ich sie nun, die wilde Hatz auf den ersten Kilometern: Meine Oberschenkel insistieren beim Anstieg vehement, kurz vorm Krampf mache ich dann doch endlich mal eine Pause. Aber es nützt nix, heim muss ich ja doch! Also weiter, allerdings ohne den Umweg über Kirchende: Über die Egge quere ich direkt hinauf auf den Schnee, und dann gehts mit Schmackes hinab nach Witten. Auch hier ist verdammt viel los, ich bin mitten im frühen Freitagfeierabend-Verkehr gelandet. Dazu die schmerzenden Beine, das ist hintenraus natürlich nicht mehr der Knüller. Aber dann endet diese in Summe einfach wunderbare Runde, wo es sich gehört: Im Eiscafé des Vertrauens!

Variantes d’Herdeque: Von Kerbtälern und Plattfüßen

Bochum-Langendreer – Witten – Auf dem Schnee – Herdecke-Kirchende – Gederbach-Tal – Witten – BO-Langendreer (25 km, Ø 22,6 km/h, als GPX herunterladen)

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Klassischer Blick vom Schnee über Herdecke nach Hagen

Boah, dreißig Grad – soll ich mich wirklich in der Mittagsglut aufs Rad setzen? Okay, vielleicht muss ich heute ja mal nicht so rasen, dann wirds wahrscheinlich schon gehen. Obwohl ich die Runde nicht sonderlich lang plane, nehme ich sicherheitshalber noch eine zusätzliche Flasche Wasser mit. Trinke eh tendenziell viel zu wenig aufm Rad!
Über die Ardeystraße gehts, noch ziemlich unromantisch, durch Witten hinauf auf den Schnee. Das ist mein altes Leids: Der Weg zu den schönen Landstraßen führt immer erstmal durchs Stadtgewühl…

Mal wieder ist Herdecke mein Ziel, ist ja auch schön da! Aber wie so oft bin ich auf der Suche nach einer schönen Variationen meiner Standardrunde, damit es nicht langweilig wird. Und ich werde fündig: Nördlich des Endertals, das ich sonst hinabfahre, fließt der Gederbach der Ruhr entgegen. Er hat eines dieser typischen kleinen Kerbtäler in die Landschaft gegraben, die hier im Westen “Siepen” heißen. Der Weg dorthin führt mich überraschenderweise auch über den Appelsiepen (hey, hier war ich vor Zeiten doch schonmal!): Hier ists so ländlich und verschlafen – wenn du nicht genau wüsstest, dass ein paar Kilometer weiter die großen Städte des Ruhrgebiets stehen, du würdest es einfach nicht glauben.

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Nach dem Gerumpel das Gederbach-Tal hinab fühle ich mich in etwa, wie der alte Wagen am Wegesrand aussieht.

Dann gehts auf einer sehr schmalen Straße recht steil hinab in Richtung Ruhr, immer direkt entlang des Gederbachs. Ich mache eine kurze Trinkpause im Schatten der zahlreichen Bäume und beobachte einige Kleiber, die mich umflattern. Wenn man sich hier mit etwas Zeit und Ruhe unten an den Bach setzt, kann man garantiert noch deutlich mehr Natur beobachten!
Leider ist die Straße in einem jämmerlichen Zustand; sie besteht streckenweise ausschließlich aus rumpeligen Asphalt-Flicken. Das macht auf dem Renner natürlich überhaupt keinen Spaß, zumal ich aufgrund der starken Neigung auch permanent bremsen muss. Und so bin ich, trotz der wirklich schönen Eindrücke am Gederbach, ziemlich froh, in Gedern endlich wieder die Wetterstraße zu erreichen, auf deren astreinem Asphalt ich nach Witten zurückfahren möchte.

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Wo ich helfen kann, helfe ich!

Weit schaffe ich es nicht: Nach wenigen hundert Meter kommt mir ein Radler entgegen, der sein Velo mit plattem Vorderreifen schiebt. In der prallen Sonne! Er hat sich nicht etwa “nur” einen Nagel eingefahren, nein: Ihm ist der Schlauch komplett geplatzt, zu flicken ist da nix mehr. Er käme von Dortmund und wolle eigentlich noch eine schöne große Runde fahren, da ist das natürlich echt bitter. Ich biete dem armen Kerl meine Hilfe an – und den Ersatzschlauch, den ich seit Jahren mit mir herumfahre. Jetzt darf er endlich zum Einsatz kommen! Wir flüchten uns in den Schatten der Büsche am Straßenrand und beginnen mit dem Ausbau des Vorderrads.
Während viele Autofahrer es nichtmal für nötig erachten, uns ein wenig Platz zu gönnen (srsly: Ich kann doch nicht bei 100 km/h mit nem Meter Abstand an am Straßenrand stehenden Radlern vorbeikrachen…?), fragt wirklich jeder einzelne Radler, der uns passiert, ob wir Unterstützung brauchen. Und tatsächlich gerät das Aufpumpen mit meiner Mini-Pumpe zur echten Geduldsprobe, und wir sind sehr dankbar für die “richtige” Luftpumpe, die uns ein Gravelbike-Fahrer anbietet.
Schließlich haben wir den Kollegen wieder flott, und ich verabschiede mich in Richtung Witten. Hilft nix, auch heimzu muss ich wieder durch die Stadt!

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Die Wetterstraße ist aktuell gesperrt, auf dem Rad-/Fußweg kommt man aber durch.

Das Gederbach-Tal ist wirklich lieblich; ich freue mich ja immer wieder, wie grün das Ruhrgebiet nur wenig abseits seiner großen Zentren ist. Allerdings werd ich mir diese Route mit dem Rennrad zukünftig natürlich klemmen, das war auf diesem grottigen Belag dort schon mehr als grenzwertig.
Meine zwei Wasserflaschen habe ich am Ende tatsächlich auch gebraucht, kein Wunder bei der Hitze. Aber so kann ich wenigstens mal behaupten, genug getrunken zu haben! Und dass ich dem jungen Dortmunder Radler den Tag retten konnte, gibt der ganzen Runde auch noch ein, zwei Karma-Pünktchen.

Emoji gestaltet von OpenMoji – dem OpenSource-Emoji- und -Icon-Projekt. Lizenz: CC BY-SA 4.0