Fahrradtouren auf dem Darß: Leuchtturm Darßer Ort (oder: Warum der Weg manchmal das bessere Ziel ist)

Darß: Zingst - Prerow - Leuchtturm Darßer Ort - Prerow - Zingst (32,0km, als GPX herunterladen)

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Der Radweg auf dem Deich: Viel los, leider recht laut und zu schmal.

Petrus lässt keinen Zweifel aufkommen: Heute gehts aufs Rad! Nachdem ich ein paar Tage zuvor bereits das Ostende des Darß bereist hatte, soll es nun nach Westen gehen: Mein Ziel ist der Leuchtturm Darßer Ort; auf dem Weg dahin liegt Prerow. Die einzige Verbindung für Fahrradfahrer zwischen Zingst und Prerow ist der Radweg auf dem Ostsee-Deich. Der beherbergt auf diesem Streckenabschnitt auch den Fischland-Darß-Zingst-Rundweg und den Ostseeküsten-Radweg, letzterer eine Fernradwanderroute mit allein 660 Kilometern Länge nur in Mecklenburg-Vorpommern. Dieser Bedeutung wird der Radweg baulich leider nicht gerecht, er ist schlicht zu schmal. Und so ist es auf Dauer recht anstrengend, immer hochkonzentriert mit den anderen Radlern zu interagieren ‒ erfahrene Langstreckentourer, Familien mit radelnden Kids, aber auch Urlauber, die auf ihren mit allerlei Strandutensilien beladenen Leihrädern zum nächsten Dünenübergang schlingern. Dazu kommen noch die Fußgänger, die den Radweg queren müssen, um zum Strand zu gelangen. Zu allem Überfluss verläuft direkt neben dem Deich die Straße, sodass es auch relativ laut ist. Vermutlich radelt es sich hier in der Nebensaison bedeutend entspannter.
In Prerow selbst ist dann natürlich auch viel los, auch hier ist noch einmal einiges an Konzentration nötig. Aber schließlich bin ich im Urlaub, also schalte ich einen Gang runter und ertrage das Geknubbel stoisch. Gelassen läufts!

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Im Darßer Urwald bei Prerow

Westlich von Prerow geht es dann in den Darßer Urwald. Große Schilder weisen darauf hin, dass man nun wieder im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft ist und sich entsprechend verhalten sollte. Die Wege sind nach dem Regen der letzten Wochen hier und da ein wenig aufgeweicht, aber meist gut zu fahren. Es ist still, die Luft riecht wunderbar nach Wald, und die Bäume zaubern Schattenspiele auf den Boden. Die Radroute verläuft auf einem Parallelweg zum ausgeschilderten (Fuß-) Wanderweg. Ein schlauer Kniff ‒ damit kommen sich Radler und Wanderer nicht in die Quere, was die Reise noch entspannter macht.
Die letzten anderthalb Kilometer zum Leuchttum Darßer Ort teilen sich Fahrradfahrer und Wanderer dann wieder einen Weg ‒ der dummerweise aus rumpeligen Betonplatten besteht. Das ist nicht sonderlich angenehm, aber irgendwann auch wieder vorbei. Dann hat man nämlich den Fahrradparkplatz am Fuß dem Leuchtturms erreicht. Von hier aus ist der Strand zu Fuß zu erreichen, oder man erklimmt den Leuchtturm oder besucht das Natureum.
Interessanter Fakt: Die Ostsee knabbert permanent an der Westküste des Darß. Wo heute noch der Leuchtturm steht, wird in 50 Jahren schon das Wasser branden. Die abgetragenen Sandmassen verteilt die Strömung dann in östlicher Richtung ‒ der Darß “wandert” also nach Osten.

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Panorama-Ansicht: Leuchtturm Darßer Ort.

Leider bin ich ‒ mitten in der Hauptsaison! ‒ natürlich nicht der einzige, der hierher unterwegs ist. Der Fahrradparkplatz ist groß, aber komplett voll, und sowohl am Turm als auch am Strand sind überall Leute unterwegs. Auch hier ist es in der Nebensaison sicher bedeutend entspannter.

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Darßer Ort: Völlig überlaufen :(

Nach kurzer Rast nehme ich den Rückweg unter die Räder und variiere die Route durch den Darßer Urwald ein wenig: Statt nach Süden der ausgeschilderten Radroute zu folgen, biege ich nach Norden ab und passiere parallel zur Küstenlinie die nicht enden wollenden Prerower Zelt- und zugehörigen Parkplätze. Wahnsinn, welche Menschenmassen hier Jahr für Jahr den Urlaub verbringen. Immerhin lässt es sich auf der Straße recht entspannt fahren, vielleicht sitzen die alle grad beim Mittag.
Der Rest des Rückwegs ist dann nichts Neues mehr: Geknubbel in Prerow, zu schmaler Radweg bis Zingst. Bei leckerem Softeis (an der vermutlich am chaotischsten geführten Imbissbude von ganz Mecklenburg-Vorpommern) lasse ich die Tour Revue passieren. Schön hier auf dem Darß!

Fahrradtouren auf dem Darß: Barther Bodden, bissige Biester, besser beeilen

Darß: Zingst - Pruchten - Barth - Fuchsberg - Barth - Pruchten - Zingst (38,2km, als GPX herunterladen)

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Blick zurück nach Barth. Ab hier wirds mückig.

Kurz nach sieben abends fällt mir auf, dass ich immer noch keine Strandmuschel habe. Und morgen soll tolles Strandwetter werden! Also schnell in die Radklamotten und ab nach Barth ‒ hatte der Laden, der die Strandmuscheln draußen in der Grabbelkiste stehen hatte, nicht auch am Sonntag bis acht abends geöffnet? Bis dort sind es laut meiner Fahrradkarte geschätzte 15 Kilometer, das sollte in einer Dreiviertelstunde zu schaffen sein. Also los!
Mit dem Ziel, es nur ja bis um acht nach Barth zu schaffe, jage ich los und ignoriere die landschaftlichen Schönheiten links und rechts des Wegs. Leichter Gegenwind und der Mangel an Trainingskilometern machen die Hatz ziemlich anstrengend, und so bin ich froh, als ich eine Minute vor acht (!) auf den Parkplatz des Ladens einbiege. Im Kopf lege ich mir einen freundlichen Satz zurecht, um die Kassiererin, die ihren Feierabend sicher schon herbeisehnt, milde zu stimmen. Und dann: Alles geschlossen. Ja, die haben auch sonntags auf ‒ aber eben nur bis um sieben. Mëh.

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Nicht nur an der Küste ists schön, sondern auch im Hinterland.

Okay, dann kann nun der touristische Teil der Fahrt beginnen. Laut Karte ragt eine Landzunge in den Barther Bodden hinein, dort als “Hinterste Berge” bezeichnet. Der Radwegweiser beschildert den Abzweig mit “Wandergebiet Fuchsberg”. Wie auch immer, das sieht nach einem kleinen Abenteuer und viel, viel Natur aus. Los gehts! Der Weg ist etwas rumpelig und für eine Familientour nicht zu empfehlen. Dafür ist es sehr ruhig, und ein Blick zurück zeigt Barth mit seiner Marienkirche im abendlichen Licht am Ufer des Boddens. Nur kann ich leider nicht allzu lange anhalten, hier befinde ich mich mitten im Mückenparadies. Die sind überall ‒ und was das für Riesenviecher sind! Die warme Feuchtigkeit der letzten Wochen hat die Mücken dieses Jahr zur echten Plage werden lassen. Was am Ostseestrand mit einer kleinen Brise kein Problem darstellt, ist hier, feuchte Wiesen auf der einen, das Schilfufer des Boddens auf der anderen Seite des Wegs, einfach nicht auszuhalten. Also halte ich mich nicht lange mit Fotografieren auf, sondern fahre weiter in Richtung des vor mir liegenden Waldes. An dessen Rand stehen einige hohe hölzerne Aussichtstürme, von denen man weit über den Bodden und seine Ufer sehen kann. Überall hört und sieht man allerlei Wasservögel, das ist sicher ein Paradies für (mückenresistente) Ornithologen. Ich selbst folge weiter dem Weg, der an der Spitze der Landzunge nicht mehr als eine kleine schlammige Schneise durch Wald und Schilf ist. Auf der Karte ist dieses Wegstück als “mäßige Oberfläche (feste und etwas unebene Wege)” ausgezeichnet ‒ eine glatte Lüge.

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Spätabends an der Meiningenbrücke

Der sich anschließende, noch recht intakte Plattenweg bringt mich ‒ vorbei an der Gedenkstätte für das Strafgefangenenlager “Stalag Luft I” ‒ wieder zurück nach Barth. Von dort aus führt der Radweg (hier übrigens als Abschnitt des Ostseeküstenradwegs) an der Trasse der ehemaligen Bahnstrecke Barth-Zingst-Prerow entlang. Über die Meiningenbrücke geht es hinüber auf den Zingst, wo mich noch einmal Wolken von Mücken erwarten. Ich ziehe mir das Tuch über Mund und Nase und sehe zu, dass ich flott mein Ferienquartier erreiche.
Obwohl ich keine Strandmuschel bekommen konnte, war das eine wirklich lohnende Tour mir durchaus abenteuerlichen Abschnitten. Einiges am Wegesrand bleibt noch auf meinem Zettel für spätere Touren, zum Beispiel das Darßbahn-Museum in Bresewitz.

Fahrradtouren auf dem Darß: Bis ans Ende der Welt

Darß: Zingst - Müggenburg - Sundische Wiesen - Pramort - Zingst (37,4km, als GPX herunterladen)

Faktisch der gesamte Darß und der Zingst liegen im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft. Nur die Ortslagen sind ausgespart. Und so ist man, verläßt man Zingst gen Osten, auch schnell mittendrin in der sich selbst überlassenen Natur. Zunächst führt die Route am Barther Bodden entlang, den Osterwald immer in Sichtweite. Schaut man nach Süden über den Bodden, grüßt die markante Barther Marienkirche. Dann verlässt man den Bodden und erreicht die Sundischen Wiesen, ein großes Areal, das früher militärisches Sperrgebiet war und nun komplett sich selbst überlassen ist. Ein fein asphaltierter Radweg führt hindurch nach Osten, wo am Pramort der Zingst endet. Überdachte Aussichtsplattformen laden Naturliebhaber zum Verweilen und Beobachten ein. Zu ihrer Reisezeit im Herbst lassen sich hier Kraniche beobachten, aber auch sonst natürlich alle möglichen Arten von Wasservögeln. Auch so manch anderes Tier lässt sich mit Glück entdecken ‒ ein zufällig anwesender Nationalpark-Ranger wies mich auf eine Gruppe Hirsche hin, die weit entfernt im hohen Schilfgras stand. Und dann drückte er mir sein Fernglas in die Hand ‒ der kleine dunkle Punkt, den ich in der Ferne auf einem kleinen Hügel sah, war tatsächlich ein (verdammt großer!) Seeadler. Viel zu entdecken also am “Ende der Welt” ‒ sicher lohnt es sich, hier mal frühmorgens mit gutem Fernsicht-Equipment anzureisen oder an einer geführten Tour teilzunehmen.
Meine Fahrt führte mich dann auf zunächst gleichem Weg zurück ‒ nur bog ich dann nicht nach Süden an den Bodden ab, sondern fuhr durch den Osterwald zum Ostsee-Deich, der mich zurück nach Zingst brachte.

Fahrradtouren auf dem Darß: Nicht ganz so Sommer

Darß: Zingst - Müggenburg - Zingst (12,2km, als GPX herunterladen)

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Stürmische Ostsee in Zingst

Die Ostsee zeigt sich von ihrer weniger sommerlichen Seite. Die Sonne macht sich rar, oft regnet es. Umso schöner, dass der Wetterbericht eine mehrstündige Regenpause prophezeit ‒ also das Fahrrad raus und eine erste kleine Runde gewagt!
Auf dem Weg am Bodden entlang tröpfelt es noch ein wenig. Dafür ist wenig los auf den Wegen, und ich kann den Blick über Wiesen und Wasser schweifen lassen. In der Ferne grüßt der Barther Kirchturm, und vor mir flitzen die Schwalben über den Deich.
In Müggenburg führt ein Plattenweg in den Wald, ungefedert ist das ein wenig hoppelig. An dieser Stelle hatte ich im letzten Jahr einen weißen Hirsch gesehen ‒ mal schauen, ob mir das dieses Jahr noch einmal gelingt. Diesmal sollte es zumindest nicht sein.
Entlang der Küstenlinie gehts auf dem Deich zurück nach Zingst, wo es dann später auch wieder zu regnen beginnt. Also war es richtig, es erstmal bei der kleinen Runde zu belassen. Aber die Waden haben wieder Lust ‒ vielleicht reicht es ja diesen Sommer noch für die Bodden-Umrundung.

Fahrradtouren auf der Insel Usedom - Rund ums Achterwasser

Usedom: Zempin - Koserow - Pudagla - Usedom - Lassan - Wolgast - Zinnowitz - Zempin (88,7km, Ø 22,6km/h; als GPX herunterladen)

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Bockwindmühle Pudagla

Diese Tour führte mich einmal komplett ums Achterwasser herum. Das hatte ich seit Jahren vor, endlich hat es auch mal geklappt. Ich startete in Zempin und fuhr durch Koserow und Ückeritz auf dem bestens beschaffenen Radweg entlang der B 111 bis zum Abzweig nach Pudagla. Dort, am UBB-Haltepunkt Schmollensee, bog ich mit der B 111 nach Süden in Richtung Usedom ab. Kurz nach Mellenthin trifft die Bundesstraße dann auf die B 110. Hier endet auch der Radweg - und damit das Vergnügen. Meine nicht mehr ganz taufrische Radwegkarte vom Verlag Grünes Herz hatte optimistisch das Gegenteil vermutet (”Radweg geplant 2012”) - über die Planung ist das offensichtlich nicht hinausgekommen. Bis Usedom musste ich also auf der Bundesstraße fahren und hatte permanent PKWs, Wohnmobile und Laster im Nacken. Sehr unangenehm und defintiv keine Empfehlung!

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Radweg geplant 2012, sagt die Karte.

Von der Stadt Usedom in westlicher Richtung begleitet dann wieder ein Radweg die Bundesstraße, die über die Zecheriner Klappbrücke die Insel Usedom verlässt. Dort machte ich im Schatten der Brücke auch meine erste größere Pause und ließ mir meinen Proviant schmecken. Auch meinen Wasserhaushalt brachte ich wieder ins Gleichgewicht - trotz der prasselnden Sonne hatte ich unterwegs auch diesmal wieder bedeutend zu wenig getrunken.
Dann schwang ich mich wieder aufs Rad und folgte der B 111 bis Johannishof, wo ich rechts in den Wald abbog. Auf einmal war das Radeln wieder sehr entspannt, ich hatte den lichten Wald für mich allein und konnte beim Fahren herrlich die Gedanken schweifen lassen. Über Straßen, deren Asphalt vermutlich noch zu Honeckers Zeiten die letzte Pflege erhalten hatte - oder die einfach nur Wirtschaftswege aus rumpeligen Betonplatten waren - erreichte ich schließlich Lassan, das es mit seinem schnuckeligen Ortskern und seinem idyllischen Achterwasser-Hafen sicher verdient hätte, mehr als nur Zwischenstation zu sein.

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Radweg my ass, sagt die Realität.

Weiter ging es auf Straßen und Wirtschaftswegen in teils erbarmungswürdigem Zustand gen Wolgast - den Peenestrom und das Achterwasser immer wieder im Blick. Auch die hellen Steilfelsen am Achterwasser lassen sich von hier aus ausmachen, zum Beispiel der Weiße Berg auf der Halbinsel Gnitz.
Durch nicht sonderlich ansehnliche Vorstadtsiedlungen erreichte ich schließlich das Stadtzentrum von Wolgast. Hier quert die 1996 neu gebaute Klappbrücke den Peene-Strom, die Einheimischen nennen sie “Blaues Wunder”. Und schon war ich wieder auf der Insel Usedom.
Meine letzte Rast machte ich an der Tankstelle am Wolgaster Ortsausgang. Hier lohnt es sich, genauer hinzuschauen: Zum Inventar gehört nämlich seit vielen Jahren die Katze “Stummel”, die auch gern mal mitten im Verkaufsraum ein Nickerchen hält. Sie verbringt ihre Tage auf dem Tankstellengelände, nachts ist sie draußen unterwegs. Und erwartet dann schon die Frühschicht, die in aller Herrgottsfrühe zum Aufschließen erscheint. Stummel gehört zwar niemandem, wird aber vom Tankstellenpersonal versorgt - unter anderem mithilfe von Geld- und Katzenfutterspenden von Touristen und Einheimischen. Ein schöne “Sehenswürdigkeit” abseits der üblichen Usedom-Touristik!

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Siesta im Verkaufsraum: Die Wolgaster Tankstellenkatze Stummel

Entlang der B 111 fuhr ich dann bis Zinnowitz, wo ich dann noch einmal zum Ostsee-Radweg abbog. Wollte ja nach der langen Tour wenigstens nochmal die Ostsee sehen! Genau genommen sah ich erst einmal aber den wahlkämpfenden Gregor Gysi, der mit einigen seiner Kollegen das Zinnowitzer Publikum von der Politik seiner Partei überzeugen wollte. Ich für meinen Teil wollte dann aber doch lieber duschen, und so radelte ich durch den Küstenwald entspannt zurück zu meinem Ausgangspunkt Zempin, wo ich mich nach einer erquickenden Dusche zum Entspannen an den Strand legte. So könnte jede Fahrradtour ausklingen!