Variantes d’Herdeque: Von Kerbtälern und Plattfüßen

Bochum-Langendreer – Witten – Auf dem Schnee – Herdecke-Kirchende – Gederbach-Tal – Witten – BO-Langendreer (25 km, Ø 22,6 km/h, als GPX herunterladen)

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Klassischer Blick vom Schnee über Herdecke nach Hagen

Boah, dreißig Grad – soll ich mich wirklich in der Mittagsglut aufs Rad setzen? Okay, vielleicht muss ich heute ja mal nicht so rasen, dann wirds wahrscheinlich schon gehen. Obwohl ich die Runde nicht sonderlich lang plane, nehme ich sicherheitshalber noch eine zusätzliche Flasche Wasser mit. Trinke eh tendenziell viel zu wenig aufm Rad!
Über die Ardeystraße gehts, noch ziemlich unromantisch, durch Witten hinauf auf den Schnee. Das ist mein altes Leids: Der Weg zu den schönen Landstraßen führt immer erstmal durchs Stadtgewühl…

Mal wieder ist Herdecke mein Ziel, ist ja auch schön da! Aber wie so oft bin ich auf der Suche nach einer schönen Variationen meiner Standardrunde, damit es nicht langweilig wird. Und ich werde fündig: Nördlich des Endertals, das ich sonst hinabfahre, fließt der Gederbach der Ruhr entgegen. Er hat eines dieser typischen kleinen Kerbtäler in die Landschaft gegraben, die hier im Westen “Siepen” heißen. Der Weg dorthin führt mich überraschenderweise auch über den Appelsiepen (hey, hier war ich vor Zeiten doch schonmal!): Hier ists so ländlich und verschlafen – wenn du nicht genau wüsstest, dass ein paar Kilometer weiter die großen Städte des Ruhrgebiets stehen, du würdest es einfach nicht glauben.

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Nach dem Gerumpel das Gederbach-Tal hinab fühle ich mich in etwa, wie der alte Wagen am Wegesrand aussieht.

Dann gehts auf einer sehr schmalen Straße recht steil hinab in Richtung Ruhr, immer direkt entlang des Gederbachs. Ich mache eine kurze Trinkpause im Schatten der zahlreichen Bäume und beobachte einige Kleiber, die mich umflattern. Wenn man sich hier mit etwas Zeit und Ruhe unten an den Bach setzt, kann man garantiert noch deutlich mehr Natur beobachten!
Leider ist die Straße in einem jämmerlichen Zustand; sie besteht streckenweise ausschließlich aus rumpeligen Asphalt-Flicken. Das macht auf dem Renner natürlich überhaupt keinen Spaß, zumal ich aufgrund der starken Neigung auch permanent bremsen muss. Und so bin ich, trotz der wirklich schönen Eindrücke am Gederbach, ziemlich froh, in Gedern endlich wieder die Wetterstraße zu erreichen, auf deren astreinem Asphalt ich nach Witten zurückfahren möchte.

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Wo ich helfen kann, helfe ich!

Weit schaffe ich es nicht: Nach wenigen hundert Meter kommt mir ein Radler entgegen, der sein Velo mit plattem Vorderreifen schiebt. In der prallen Sonne! Er hat sich nicht etwa “nur” einen Nagel eingefahren, nein: Ihm ist der Schlauch komplett geplatzt, zu flicken ist da nix mehr. Er käme von Dortmund und wolle eigentlich noch eine schöne große Runde fahren, da ist das natürlich echt bitter. Ich biete dem armen Kerl meine Hilfe an – und den Ersatzschlauch, den ich seit Jahren mit mir herumfahre. Jetzt darf er endlich zum Einsatz kommen! Wir flüchten uns in den Schatten der Büsche am Straßenrand und beginnen mit dem Ausbau des Vorderrads.
Während viele Autofahrer es nichtmal für nötig erachten, uns ein wenig Platz zu gönnen (srsly: Ich kann doch nicht bei 100 km/h mit nem Meter Abstand an am Straßenrand stehenden Radlern vorbeikrachen…?), fragt wirklich jeder einzelne Radler, der uns passiert, ob wir Unterstützung brauchen. Und tatsächlich gerät das Aufpumpen mit meiner Mini-Pumpe zur echten Geduldsprobe, und wir sind sehr dankbar für die “richtige” Luftpumpe, die uns ein Gravelbike-Fahrer anbietet.
Schließlich haben wir den Kollegen wieder flott, und ich verabschiede mich in Richtung Witten. Hilft nix, auch heimzu muss ich wieder durch die Stadt!

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Die Wetterstraße ist aktuell gesperrt, auf dem Rad-/Fußweg kommt man aber durch.

Das Gederbach-Tal ist wirklich lieblich; ich freue mich ja immer wieder, wie grün das Ruhrgebiet nur wenig abseits seiner großen Zentren ist. Allerdings werd ich mir diese Route mit dem Rennrad zukünftig natürlich klemmen, das war auf diesem grottigen Belag dort schon mehr als grenzwertig.
Meine zwei Wasserflaschen habe ich am Ende tatsächlich auch gebraucht, kein Wunder bei der Hitze. Aber so kann ich wenigstens mal behaupten, genug getrunken zu haben! Und dass ich dem jungen Dortmunder Radler den Tag retten konnte, gibt der ganzen Runde auch noch ein, zwei Karma-Pünktchen.

Emoji gestaltet von OpenMoji – dem OpenSource-Emoji- und -Icon-Projekt. Lizenz: CC BY-SA 4.0

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