Es kann so einfach sein

Bochum-Langendreer – Kemnader See – BO-Stiepel – BO-Zentrum – BO-Universität – BO-Langendreer (32 km, als GPX herunterladen)

2021-11-27.jpg
Kemnader See. Mit Leuchtturm!

Auf dem Radweg neben der Universitätsstraße fahrend, sehe ich von rechts ein Auto ziemlich schnell aus einem Parkplatz auf mich zu fahren. Ich greife in die Bremsen, auch der Autofahrer bemerkt mich und wirft beherzt den Anker. Kurz vorm Stillstand sehen wir uns beide kurz erschrocken an, viel hat nicht gefehlt. Dann fahre ich vor ihm vorbei.
Einen Moment später, er ist hinter mir in meiner Richtung auf die Straße abgebogen, überholt er mich. Schaut zu mir herüber und hebt die Hand, sorry, nicht richtig aufgepasst, und ich hebe meine, alles gut, nichts passiert. Kein Fluchen, keine bösen Gesten – entspannt und gut gelaunt fahren wir beide weiter. Es kann so einfach sein.

Hohensyburg auf Asphalt

Bochum-Langendreer – Witten – Wengern – Hagen – Dortmund-Syburg – Herdecke-Kirchende – Witten – BO-Langendreer (44 km, als GPX herunterladen)

Auf dem Mounti durch den Wald auf die Dortmunder Hohensyburg zu fahren, war schon ganz lustig, aber jetzt will ich das Ganze noch einmal auf Asphalt erleben. Also sattle ich den Renner und spure durch Witten und Wengern bis nach Hagen. (Die Burgruine Volmarstein lasse ich bewusst rechts liegen, dieses Hühnchen muss ich noch einmal gesondert rupfen.)

Hagen verlangt dem geneigten Radler einiges an Kühnheit und Langmut ab: An manchen Stellen muss man sehr selbstbewusst Präsenz zeigen, um vom motorisierten Verkehr wahr- und ernstgenommen zu werden (Herdecker und Schwerter Straße). Auf der Dortmunder Straße “darf” man dann auf 800 Metern Strecke, obwohl man als Radler auf der Vorfahrtsstraße unterwegs ist, nicht weniger als sechs Mal (!) an Bettel-Ampeln auf Grün warten. Und da wundert ihr euch, dass Fahrradfahrer lieber direkt auf der Fahrbahn fahren?

Heimliches Ziel meiner Runde heute ist das Rondell, das vom Hengsteysee nach Dortmund-Syburg hinaufführt. Nicht wahnsinnig schnell, aber sehr konstant kurble ich mich nach oben. Es ist jedes Mal ein tolles Gefühl, oben anzukommen und festzustellen, dass es so schlimm ja gar nicht war. Schnell noch ein kurzer touristisch motivierter Halt in den alten Mauern der Hohensyburg, und schon sitze ich wieder auf dem Rad.

Die Wittbräucker Straße nach Herdecke hinab bin ich heute nicht so fix wie sonst, der Gegenwind pustet mir mein Vmax kaputt. Aber darauf leg ichs heute ja auch gar nicht an. Meine Körner spare ich mir lieber für die Ardeystraße, die mich aus Herdecke-Kirchende hinauf auf den Schnee bringt. Hier wirds dann tatsächlich noch einmal richtiger Sport, aber auch diesen letzten großen Anstieg kurble ich erstaunlich konstant weg.

Vom Schnee lasse ich mich auf der anderen Seite dann nach Witten hinein fallen und zeige auch hier den anderen Verkehrsteilnehmern sehr selbstbewusst, dass ich auf der Straße gleichberechtigt mitspiele. Das checken heute alle und lassen mich entspannt meine Tour zuende fahren. Die war in Summe eine schöne Rennrad-Landstraßen-Räuberei, nur die Stadtgebiete von Witten und Hagen nervten ein wenig mit ihren roten Ampeln und dem teilweise knubbelig-stressigen Verkehr.

Sprockhövel: Eine kleine Landstraßen-Herrlichkeit (Teil II)

Bochum-Langendreer – Witten-Herbede – Hattingen – Sprockhövel – Silschede – Wetter – Witten – BO-Langendreer (47 km, Ø 26,4 km/h, als GPX herunterladen)

Weil die Renner-Tour nach Sprockhövel im Juli so schön war, beschließe ich, meinen heutigen Zweistünder erneut auf dieser Route abzureißen. Als kleinen Bonus füge ich diesmal aber noch den Umweg über Hattingen hinzu. Das Wetter dazu ist recht okay: Die Straßen sind trocken, und es soll auch nicht regnen, aber sieben Grad hauen mich nicht wirklich aus den Socken. Das müssen die Klamotten richten, im Sinne warmer Füße schnalle ich mir heute auch die Füßlinge an. Und dann ists auch wirklich gut auszuhalten.

2021-11-14.jpg
Die pure Freshness in Silschede

Der sonntägliche Verkehr ist überschaubar, und ich komme bei Geschwindigkeiten um die dreißig Stundenkilometer in einen angenehmen Landstraßen-Flow. Das macht auf dieser Route echt Spaß: Die Straßen sind in sehr gutem Zustand, ich kann einfach kurbeln und muss mich nur selten mit Stoppschildern oder Ampeln plagen. Wermutstropfen sind die diejenigen Autofahrer, die (bewusst? unbewusst?) recht knapp überholen. Das passiert nicht fürchterlich oft, aber auf der gesamten Tour doch immer mal wieder. Dieses permanente subtile Stresslevel trübt ein ganz klein wenig die Rennradfreude. Die außer mir übrigens auffallend viele andere Pedalisten erleben wollen, ich treffe nicht wenige andere Rennradler. “Hallo, du auch unterwegs, schönes Rad, hab eine angenehme Fahrt!”, das alles ist mit einem kurzen Fingerzeig oder einem freundlichen Nicken ohne Worte gesagt. Ich mag das sehr, auch das macht heutige Runde sehr angenehm.

Nach einem anderthalbstündigen und durchaus sportlichen Landstraßen-Dauerlauf, bergauf, bergab und ohne Pause, merke ich dann in Wetter, wie die Körner in den Beinen schwinden. Und, was noch viel unangenehmer ist: Auch meine Konzentration lässt deutlich nach. Also nehme ich nochmal alle Sinne zusammen und pedaliere, was die Oberschenkel noch hergeben, durch Witten nachhause. Dort wartet die heiße Dusche – das war eine wunderbare Landstraßen-Tour!

Gruß und Kuss

Herzliche Grüße gehen an dieser Stelle noch raus an den Audi-Fahrer, der es für normal erachtete, bei Landstraßengeschwindigkeit mit einem halben Meter Abstand an mir vorbeizuknallen – sich dann aber wie eine Mimose davon getriggert fühlte, dass ich zum Thema Überholabstand auch eine Meinung habe.
Damit qualifiziert er sich als weiterer Proband für meine verkehrspsychologische Langzeitstudie: Es muss doch herauszufinden sein, ob diesem widerwärtig-bigotten Verhalten komplexe zerebrale Dysfunktionen zugrunde liegen – oder doch nur eine schnöde erektile.